Liebe Anke,
Kleine Schritte. Kleinste Veränderungen. Den Mut, sich im Alltag, mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen sich erlauben, seine Bedürfnisse zu spüren. Ihnen Raum zu geben. Sie zu äußern. Mich als Menschen zu sehen. Den anderen als Menschen zu sehen. Mutig den Mund aufmachen. Oder intelligent andere Wege finden, wie sich etwas so arrangieren lässt, dass es besser zu einem passt. Ganz alltäglich. Ganz klein. Nichts besonderes eigentlich. Und doch so wirkungsvoll.
Da geh ich mit.
Und sich nicht hinter Allgemeinplätzen, den homogenisierten Meinungen, wie die Dinge und die Menschen sein sollten, verstecken.
Möglichewrweise erlebst Du das anders als ich. Ich habe nicht das Gefühl, homogenisiert werden zu sollen oder worden zu sein.
Mich freut es eigentlich immer, wenn ich ein Stück Gleichheit/ Homogenität entdecke.
Damit meine ich nicht, das eigene Selbst auf - oder abzugeben. Nein.
Es sind für mich aber gerade oft die Gleichheiten (schon, das ich zu Gleichheit einen Plural bilde, macht wohl klar, dass ich in Vielfalt denke und lebe?), die Verbindung schaffen.
Andersartigkeit betont oft Trennung, befördert Aussonderung, Ausgrenzung.
(Was trotzdem nicht heißt, dass alle gleich seien oder sein sollten).
wie tief das Kümmern und das Bescheidenseinsollen und das Sichopfern bei vielen vielen ganz tief in den Knochen steckt. Und du beschreibst es nun selber in der Linie deiner Mutter.
Nein. Du hast das so interpretiert. Aber das steht das weder, noch war es so gemeint. Ich schrieb:
Wenn man aus einer Familie stammt (zumindest mütterlicherseits, die von Papas Seite sind anders drauf), die das Leiden am Leid kultiviert wie eine seltene kostbare Pflanze,
Von "Opfern" steht da nix. Der satz bedeutet auch nicht "Opfer"- woher auch immer Du das rausliest. Der satz bedeutet, dass es in meiner mütterlichen Linie eine Überzeugung gibt, dass wir (und das betrifft Frauen UND Männer) mit Leid nicht fertig werden können. Bedeutet: Wenn einmal was Schlimmes passiert, dann hat mensch (sofern er jedenfalls aus der Familie stammt) sein/ihr Leben lang drunter zu leiden.
Und das ist - erwiesenermaßen- Unsinn. Das Leben geht auch nach Heimatverlust, Todesfällen und ähnlichen Dingen weiter - und das bedeutet, dass lebenslang gelitten zu werden hat und nie mehr gelacht, geliebt, gesungen, getanzt und sich gefreut werden darf. (Ich übertreibe ein bißchen, aber echt nicht viel, so etwa ist es).
Schicksalschläge passieren, ja. Und sie hinterlassen Spuren, ja. Aber Himmel, Arsch und Zwirn, wenn die nach dem 30 -jährigen Krieg oder nach der Bartholomäusnacht genauso gedacht hätten, gäb's uns alle nicht. Mich zumindest nicht, weil ich (in Ermangelung genau dieser Vorfahren) dann auch nicht gezeugt und geboren worden wäre.
Das Leben (und zwar genau die Energie, die da auf der Reise aufgetaucht ist), wächst auch durch Pflastersteinritzen, wenn's sein muß, bricht's sich auch Bahn durch Risse in kaputtem Asphalt.
Und wenn ich mir meine väterliche Linie anschau', dann ist das vollkommen klar. In der Linie meiner Mutter gehörst Du nicht mehr richtig "dazu", falls Du der Meinung bist, Hindernisse auch überwinden und neu anfangen zu können. DAS ist der Unterschied.
Und ich bin in Teilen genauso- wie an meiner Antwort an Erdherz sichtbar wird. Diese Anekdoten sind 31 Jahre her - das Kind von damals bin ich heute nicht mehr. Soll (oder will) ich mir davon heute noch Steine in den Wege legen(lassen)? Ernsthaft?
Meine Eltern haben sich geirrt. Wie in manchem. In manchem hatten sie auch recht. Wie ich auch. Wie alle. Keine unfehlbaren Götter. Nur Menschen, alle miteinander.
Das kann uns doch kein Mann beibringen, uns geradezumachen.
Aber sicher. Wir kriegen's doch vom ersten Mann unseres Lebens (sprich: vom Vater) gezeigt. Was ist denn die Aufgabe der Väter? Wenn wir das Nähren bei den Frauen lassen, was ist denn dann die Aufgabe der Väter? (Gerade für die Töchter...) Wenn Du schon mit diesen ganzen alten Klischeebildern arbeitest, warum DA dann grad nicht? (Blinder Fleck? Oder hab ich einen?) Aber wenn Du mit alten, archetypischen Rollen argumentierst, dann denk es doch mal zu Ende. Was war/ist denn die Aufgabe des wohlwollenden Vaters für seine Kinder? Und was hat gerade diese Aufgabe mit Selbstwert und Für-Sich-einstehen zu tun?
Die Einsiedlerin hat ja noch ein zweites Gesicht, nämlich das total glücklich und extrem natürlich ihr eigenes Ding zu machen.
Sag ich doch. Der Eremitenanteil braucht die anderen selten um sich rum. wenn ich genug Vorräte hab und mit den Leuten reden kann, mit denen ich reden will, brauch ich wochenlang nicht vor die Tür. Ich kann mir selber genug sein, solange ich die Kontakte, die mir wichtig sind, pflegen kann, genug zu essen und zu trinken hab und genug Geld verdiene oder habe, um das zu bezahlen. Hab ich nicht, also muss ich vor die Tür.
Wobei die 4, die ich ja auch bin, sagt: "Du bist ja wahnsinnig. Guck doch mal, die ganzen Menschen und Möglichkeiten und Farben und Gerüche, das ist so SPANNEND. Du wirst Dir doch jetzt wohl nicht die ganzen Gelegenheiten durch die Lappen gehen lassen! Spinnst Du!?" Die 4 ist ja ein Chanchensucher und Gelegenheitserschaffender, ein Kontakter und Netzwerker, der alle die ganzen zufälligen Kleinigkeiten verknüpft.
Somit balanciert sich das bei mir einigermaßen aus. Aber ohne die 4 (die ja bei mir auf der Körperseite sitzt, also eher in carne), nur von innen her gesehen, von der Seele her, bräucht ich den Rummel nicht. Wozu denn?
Dabei ist sie sich überhaupt nicht bewusst, dass das, was sie da so macht, oder auch nur zu machen scheint, für andere überaus interessant und besonders ist.
Nö. Weil, ist das Normalste von Welt. Was soll ich denn sonst machen? Bin ja ich. Ich KANN ja nur machen, was in mir drinnen ist.
Dann klopft es an der Tür (Mauer), und du wirst gefragt: Hey, das ist so toll, das du das und das kannst/tust/bist. Du denkst nur und fragst dich, warum du nicht in Ruh dein Ding weiter machen kannst.
Genau!
Das mit der Öffentlichkeit stimmt so nicht ganz. Wenn ich in die 4 gehe (die ja der zweite Anteil ist) moderiere ich auch vor 400 Leuten, spiel Theater mit ner Truppe oder mach Lesungen, gebe Workshops (mit oder ohne Co-Dozent), sing im Chor ein Konzert oder nehm an Kongressen teil. Die 4 ist - wenn sie will - nicht rampenlichtscheu. Aber dazu muß ich BEWUSST rausgehen. Und ich MUSS hinterher für mich sein, zwingend. Batterien aufladen.
Als Eremit, weil du schon spürst, was so in dir ist. Das ist was Spezielles. Besonderes, wenn du so willst.
Können wir uns -bitte- darauf einigen, dass in jedem was Besonderes ist?
Doch es kann nur raus, wenn du wirklich gerufen bist. Zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort. Und wenn es nicht stimmig ist, eben nicht.
Wie ich meine Milz und die Spirits kenne, regelt sich das recht eindeutig.
Was noch dazu kommt: Durch das offene Selbst kannst du wie ein Chamäleon sein und in versch. Umgebungen, bei versch. Menschen sehr sehr verschieden sein.
Auch das stimmt. Mich hat bei einem früheren Jobwechsel auch mal eine Zeitlang ein Chamäleon auf schamanischen Reisen (und im Leben) begleitet. Spannende Zeit, hab das ein oder andere gelernt von dem Tier.
Was hilft: Orte und Menschen, die dir das aufdrücken, was du nicht sein kannst/willst/was dich behindert oder krank macht, aussortieren
Geht teilweise, teilweise auch nicht. Ich hab eine Person bei uns im Team, die mit mir soviel anfangen kann wie ich mit ihr: nix. Also "Guten Morgen" und "Schönes wochenende" geht, aber mehr nicht. Wir haben uns einfach nix zu sagen, ich find da keinen Anknüpfspunkt. Das ist nicht mal Antipathie, das ist einfach nur Nicht-Nachvollziehen können, weder emotional, noch auf Sachebene. Aber deshalb hab ich jetzt nicht da aufgehört, es ist halt jetzt fast drei Jahre so, wie's ist. Ich versuch halt, möglichst keine Workshops zusammen zu halten, das nicht dann. Aber sonst ist da im Job nicht so viel mit Aussortieren möglich. Sagen wir, ich bleib freundlich-distanziert und versuche, bei einigen Dingen wegzuhören.
und wenn wir uns gegenseitig einfach mal erlauben, uns soviele "Extrawürste" zu braten, bis wir satt und glücklich sind,
der gefällt mir! Hol schon mal ne Pfanne und Guten Appetit hernach!
Und zu Deinem "Ich will auch!" - ja mei, dazu hab ich Dir meine Meinung längst gesagt ;), ob Du's tust, hm... weiß ich nicht.
LG
Kirsten